Roboterassistierte Tumorentfernung mit intraoperativer Chemotherapie
Fachexpert/innen von Clarunis – Universitäres Bauchzentrum haben in Basel erstmals mithilfe eines da Vinci Xi Roboters die komplexe Entfernung eines fortgeschrittenen Dickdarmtumors mit Bauchfellbefall und anschliessender hyperthermer Chemotherapie (HIPEC) des Bauchraumes durchgeführt. Die Patientin erholte sich gut und konnte nach neun Tagen das Spital wieder verlassen. Weltweit werden komplexe Tumorentfernungen mit anschliessend intraoperativer Chemotherapie nur von wenig Spezialist/innen roboterassistiert durchgeführt – neu und einzigartig in der Schweiz auch von Clarunis in Basel.
Eine 49-jährige Frau wandte sich unter starken Bauchschmerzen an die Notfallstation. Nachdem die Ärztinnen und Ärzte bei ihr zuerst eine geplatzte Divertikel-Entzündung vermuteten, äusserten sie in der interdisziplinären Beurteilung schnell den Verdacht eines Tumors und leiteten die entsprechenden weiteren diagnostischen Schritte ein. Die Darmspiegelung sowie eine Gewebe-Entnahme bestätigten den Verdacht eines bösartigen Tumors. Der Dickdarm im Bereich des Tumors war bereits perforiert und somit waren mutmasslich Krebszellen ins umliegende Gewebe gelangt und mit dem Bauchfell verwachsen.
Um der Patientin grösstmögliche Chancen auf eine vollständige Heilung zu ermöglichen, planten die Clarunis Fachexpert/innen nach einem interdisziplinären Tumorboard des Universitätsspitals Basel einen zytoreduktiven chirurgischen Eingriff.
Bei einem solchen Eingriff wird der Tumor und Teile des Bauchfells entfernt, um sämtliche sichtbare Tumorherde zu eliminieren. Am Ende der Operation, nach Entfernung aller Tumorherde, planten sie eine erhitzte Chemotherapie des Bauchraumes (HIPEC).
In diesem Behandlungsschritt wird ein Chemotherapeutikum auf über 40°C erhitzt und direkt in die Bauchhöhle geleitet, um mikroskopisch kleine, im Rahmen der Tumoraussaat in der Bauchhöhle noch verbliebene Tumorzellen abzutöten. Diese intraoperative Chemotherapie hat im Vergleich zu einer konventionellen Chemotherapie mit Infusion den Vorteil, dass sie höher dosiert werden kann. Man kann Tumorzellen im Bauchraum gezielter abtöten und hat dabei praktisch keine Nebenwirkungen, da (fast) keine Chemotherapie in den Blutkreislauf gelangt.
Erfolgreicher Eingriff mit schneller Erholung
Im März 2024 erfolgte am Clarunis Standort Universitätsspital Basel bei der 49-jährigen Patientin der Eingriff mit Entfernung des Tumors inklusive des Bauchfells im Unterbauch und im Becken sowie der anschliessenden HIPEC. In Basel konnte dieser Eingriff zum ersten Mal mit Hilfe des da Vinci Xi Roboters durchgeführt werden. Folgende Schritte erfolgten im Rahmen der neunstündigen Operation:
- Unter der Leitung von Prof. Beat Müller wurde in einem ersten Schritt das durch den partiell aufgeplatzten Tumor entstandene entzündliche Konglomerat zur Bauchdecke hin zusammen mit dem Bauchfell abgelöst. Das entzündliche Konglomerat haftete der Blase an, wobei zur vollständigen Entfernung des Tumors ein Teil der Blase mitentfernt werden musste.
- Der Dickdarm wurde mobilisiert, um nach Entfernung des Tumorabschnittes die Darmkontinuität wiederherzustellen.
- Nach Entfernung des Tumors en-bloc über einen kleinen Schnitt im Unterbauch erfolgte die Wiedervereinigung der Darmenden.
- Mithilfe der Schlüsselloch-Zugänge des Roboters wurden dann die für die Durchführung der HIPEC notwendigen Schläuche eingebracht, je zwei zu- und abführende Schläuche. Diese sind mit einer Pump-Maschine verbunden, die auch in der Herzchirurgie verwendet wird, um den menschlichen Kreislauf bei Operationen am offenen Herzen zu übernehmen. Die Bauchhöhle wurde mit auf über 40°C erhitzte Chemotherapie-Flüssigkeit während 90 Minuten ausgewaschen, um verbliebene mikroskopisch kleine Tumorzellen abzutöten.
- Anschliessend wurden die Schläuche bis auf eine Drainage entfernt, die Zugänge verschlossen und die Operation beendet.
Nach der knapp 9-stündiger Operation, die die Patientin problemlos tolerierte, wurde sie eine Nacht auf der Überwachungsstation betreut, bevor sie am ersten Tag nach der Operation auf die Normalstation übernommen werden konnte. Der weitere Verlauf gestaltete sich komplikationslos und die Patientin wurde nach neun Tagen in die Rehabilitation entlassen. Die Patientin ist krebsfrei, sodass aktuell keine weitere Behandlung notwendig ist. Am interdisziplinären Tumorboard wurden engmaschige Nachkontrollen empfohlen.
Weltweit wenige Spezialist/innen für roboterassistierte zytoreduktive Eingriffe inkl.HIPEC
Komplexe Tumorentfernungen mit anschliessend intraoperativer Chemotherapie werden nur an ausgewählten Zentren mit entsprechender Expertise durchgeführt, darunter die beiden Clarunis Standorte Claraspital und Universitätsspital Basel. Der Eingriff ist komplex und dauert häufig bis zu 10 Stunden oder länger.
Nur wenige Spezialist/innen weltweit können diese Operationen roboterassistiert anbieten. Clarunis – Universitäres Bauchzentrum Basel wird roboterassistierte zytoreduktive Eingriffe inkl. HIPEC unter der Leitung von Prof. Dr. med. Beat Müller künftig für ausgewählte Patienten mit limitiertem Bauchfellbefall durchführen, um mehr Menschen die Aussicht auf eine Heilung ohne die Nachteile eines grossen Bauchschnittes zu ermöglichen.
mehr über das Referenzzentrum für hochspezialisierte minimalinvasive da Vinci Xi® -Viszeralchirurgie
Zytoreduktive Operationen mit anschliessender HIPEC werden bislang weltweit fast ausschliesslich in offener Technik mit grossem Bauchschnitt durchgeführt. Der offene Zugang bringt jedoch häufig postoperative Schmerzen und eine eingeschränkte postoperative Mobilität mit sich, was wiederum das Risiko von postoperativen Komplikationen wie beispielsweise Lungenentzündungen oder Thrombosen erhöhen kann. Zudem ist eine vorrübergehende Darmlähmung bei grossen, offenen abdominalen Eingriffen nicht selten. Eine Alternative hierzu bietet der minimalinvasive Zugang, also über die sogenannte Schlüsselloch-Technik, doch auch die konventionelle Laparoskopie stösst bei diesen komplexen Eingriffen an ihre Grenzen.
Der da Vinci XiRoboter hingegen bietet mit seinem der menschlichen Hand gleichenden Bewegungsumfang, der Vergrösserung und der 3D-Darstellung ein erhöhtes Mass an Präzision und Übersicht, sodass Spezialist/innen erfolgsversprechender solche ausgedehnten Operationen durchführen können. Der für die Patient/innen dank minimalinvasivem Zugang schonendere Eingriff verursacht weniger postoperative Schmerzen, ermöglicht einen kürzeren Spitalaufenthalt und darüber hinaus eine raschere Rekonvaleszenz als bei konventionellen Techniken.