Forschungserkenntnisse für chronisch entzündliche Darmerkrankungen
Forschende der Universität Basel, von Clarunis – Universitäres Bauchzentrum Basel und des schwedischen Karolinska Instituts zeigen, wie Fresszellen in der Darmschleimhaut durch Erkennung endogener oder mikrobieller Stoffwechselprodukte zur Entstehung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen beitragen. Dabei kommt dem G-Protein gekoppelter Rezeptor GPR35 eine Schlüsselfunktion zu. Die Studie wurde im renommierten Fachjournal «Cell Reports» publiziert.
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen, wie die Colitis ulcerosa oder der Morbus Crohn, sind nicht heilbare Erkrankungen. Sie verursachen oft grosse Beschwerden wie Diarrhoen und Bauchkrämpfe, was zu erheblichen Einschränkungen für die Betroffenen führen kann. Daher ist es notwendig, die Ursachen chronischer entzündlicher Darmerkrankungen besser zu erforschen. In den letzten Jahren konnten Veränderungen in über 200 Genen entdeckt werden, die mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen assoziiert sind. Die Funktion der Mehrzahl dieser Gene ist unbekannt. Eines dieser Gene kodiert den G-Protein gekoppelten Rezeptor GPR35. Bisher war nicht bekannt, ob und wie GPR35 zur Erhaltung einer intakten Darmschleimhaut beitragen kann.
Gezielte Manipulation von GPR35 für mögliche zukünftige Therapien
Die Forschungsgruppe um Prof. Jan Niess, Leitender Arzt Gastroenterologie/Hepatologie bei Clarunis – Universitäres Bauchzentrum Basel, hat gemeinsam mit Kollegen vom Karolinska Institut um Prof. Eduardo Villablanca, Schweden, in einer translationalen Studie folgendes untersucht: Welche Auswirkungen hat das Ausschalten von GPR35 auf eine Darmentzündung? Wie beeinflusst eine Aktivierung von GPR35 eine chronische entzündliche Darmerkrankung?
Wird GPR35 gezielt in Fresszellen (Makrophagen) ausgeschaltet, bilden Fresszellen (Makrophagen), die mit Stoffwechselprodukten stimuliert werden, überraschenderweise weniger Tumornekrosefaktor, ein Signalstoff, der zur Entstehung einer Entzündungsreaktion beiträgt. Die reduzierte Produktion von Tumornekrosefaktor in Makrophagen ist mit einer reduzierten Produktion von Kortikosteroiden in der Darmschleimhaut verbunden. Die Entzündungsreaktion wird somit nicht ausgeschalten.
Die Analyse von Daten aus der Swiss IBD Cohort Study Group zeigten, dass chronisch entzündliche Darmerkrankungen mit einem hyperaktiven GPR35 Rezeptor eine höhere Entzündungsaktivität zeigen. Die Forschenden schlussfolgern, dass sowohl das Ausschalten sowie eine unkontrollierte Aktivierung von GPR35 die Entstehung einer Darmentzündung fördern.
Die Forschenden hoffen, dass durch eine gezielte Manipulation von GPR35 in Zukunft neue Möglichkeiten zur Therapie von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen zur Verfügung stehen. Durch pharmakologische Charakterisierung von GPR35 könnte es in Zukunft gelingen, einen hyperaktiven GPR35 zu hemmen oder einen nicht-aktiven GPR35 zu stimulieren, sodass eine Entzündungsreaktion im Darm reguliert wird. Hierfür könnten Antikörper oder kleine Moleküle eingesetzt werden.
Originalpublikation
Berna Kaya, Cristian Doñas Cuadra, Philipp Wuggenig, Oscar E. Diaz, Rodrigo A. Morales, Hassan Melhem, Swiss IBD Cohort Investigators, Pedro P. Hernández, Tanay Kaymak, Srustidhar Das, Petr Hruz, Yannick Franc, Florian Geier, C. Korcan Ayata, Eduardo J. Villablanca, Jan Hendrik Niess. Lysophosphatidic Acid-Mediated GPR35 Signaling in CX3CR1+ Macrophages Regulates Intestinal Homeostasis. Cell reports 2020 Aug 4;32(5):107979 https://doi.org/10.1016/j.celrep.2020.107979
Weitere Auskunft
Prof. Jan Hendrik Niess, Universität Basel und Clarunis, e-mail: janhendrik.niess(at)unibas.ch