Skip to main content

Stuhlinkontinenz

Die Häufigkeit der Stuhlinkontinenz in der Bevölkerung wird generell unterschätzt. Es handelt sich nach wie vor um ein stark tabuisiertes Thema. Studien zufolge sind jedoch zwischen 5 bis 12% der Bevölkerung von Stuhlinkontinenz geplagt und hierdurch stark in ihrer Lebensqualität eingeschränkt. Frauen sind häufiger betroffen. Eine Stuhlinkontinenz ist häufig Folge einer oft Jahrzehnte zurückliegenden Schliessmuskelverletzung im Rahmen einer Geburt oder Voroperation. Seltenere Ursachen sind Systemerkrankungen wie Zuckerkrankheit oder neurologische Erkrankungen.

Durch gezielte Erhebung der Beschwerden und der Vorgeschichte der Patientinnen sowie eine proktologische Untersuchung ergeben sich wichtige Hinweise auf die Ursache der Inkontinenz. In der proktologischen Untersuchung werden Ursachen für die Inkontinenz abgeklärt. Die endoluminale 3D-Ultraschalluntersuchung erlaubt die Beurteilung des Schliessmuskels auf Verletzungen. In einer Funktionsuntersuchung (anorektale Manometrie) durch den Gastroenterologen lässt sich die Schliessmuskelfunktion feststellen und objektivieren. Je nach Situation sind weitere Untersuchungen wie eine Magnetresonanztomographie oder eine Darmspiegelung angezeigt. 

Konservative Therapie
In vielen Fällen bringt bereits eine Ernährungsumstellung, eine medikamentöse Stuhlregulation und die Verordnung von Medikamenten zur Verlangsamung der Stuhlpassage eine wesentliche Verbesserung der Kontinenz. 

Physiotherapie
In der uro-genitalen Rehabilitation trainieren Sie unter Anleitung von spezialisierten und erfahrenen Physiotherapeuten Ihren Beckenboden. Nach Wunsch und je nach Befund kann eine zusätzliche Biofeedbacktherapie erfolgen. Dabei wird eine Sonde in den Enddarm eingelegt mit welcher sich über eine Druckmessung die Aktivierung des Beckenbodens messen lässt. Diese Messung wird Ihnen als Rückmeldung direkt auf einem Bildschirm während der Therapie angezeigt. In vielen Fällen lässt sich eine starke Verbesserung oder gar Heilung der Stuhlinkontinenz durch die Physiotherapie bewirken. 

Sakrale Neuromodulation 
Wenn diese konservativen und physiotherapeutischen Massnahmen keinen ausreichenden Erfolg bringen, steht insbesondere mit der sakralen Nervenmodulation (SNM) eine effiziente Therapieoption zur Verfügung. Dabei werden mittels feiner Elektroden die sakralen Nerven und somit der Beckenboden stimuliert. Dies führt dazu, dass das Empfinden im Darm verbessert wird und Stuhldrang früher wahrgenommen wird. Somit bleibt genügend Zeit eine Toilette aufzusuchen. Ausserdem verbessert sich die Stuhlfrequenz und das Vermögen Stuhlgang zu unterdrücken. Somit kann der unkontrollierte Stuhlverlust verhindert werden. 

Der definitiven Einlage des sakralen Schrittmachers, welcher in etwa die Grösse eines Autoschlüssels hat und in der Gesässregion unter der Haut eingesetzt wird, geht eine Probestimulation mit einem externen Schrittmacher voraus. Für die Probestimulation wird eine dünne Elektrode in der Kreuzbeingegend mit Hilfe einer Nadel in lokaler Betäubung platziert. Danach wird der Effekt über 14 Tage evaluiert und Sie führen ein Stuhltagebuch. Danach wird gemeinsam entschieden, ob eine definitive Schrittmacher-Implantation erfolgt. Die sakrale Nervenmodulation ist ein schonendes und etabliertes Verfahren und bringt bei 80% der Patienten eine wesentliche Verbesserung der Kontinenz, was die Lebensqualität wesentlich erhöht.

Abb.: Sakrale Neuromodulation mit Elektrodenplatzierung an Sakralnerven und Impulsgeber. 

 

Schliessmuskelrekonstruktion
Eine Schliessmuskelverletzung verändert die Anatomie des Afters wesentlich. Die Muskelkraft wird nach einer Geburtsverletzung oft über Jahre relativ gut durch die übrigen Anteile der Beckenbodenmuskulatur ersetzt. Mit fortschreitender Beckenbodensenkung und Alterung der Muskulatur lässt die Kraft jedoch nach und eine Stuhlinkontinenz wird manifest. Ausserdem kann es durch die veränderte Anatomie zu einer starken Verkürzung des Dammes kommen. In diesem Fall kann eine Schliessmuskelrekonstruktion indiziert sein. Dabei werden die zerrissenen Muskelenden aufgesucht und überlappend mit mehreren Nahten wieder rekonstruiert. Je nach Situation wird der Damm mit eigenem Fettgewebe wieder aufgebaut und die Anatomie somit wieder hergestellt. 

Die Abklärung und Beratung bei Stuhlinkontinenz ist eine Kernkompetenz des Beckenbodenzentrums. Wir nehmen uns Zeit eine massgeschneiderte und der Situation angepasste Therapie zu finden. 

Das Claraspital Beckenbodenzentrum ist offizielle Beratungsstelle der Deutschen Kontinenz Gesellschaft.